Gerald Koror, Palau (Mikronesien) Teil 3 November / Dezember 2019

Gerald Koror, Palau (Mikronesien) Teil 3 November / Dezember 2019

VON EINER INSEL NAMENS BABELDAOB, VON NGELMERUD DER
KLEINSTEN HAUPSTADT DER WELT,
VON REGIERUNGSGEBÄUDEN AUS PLASTIK UND VON
ANDEREN BEDEUTENDEN UND UNBEDEUTENDEN BEGEBENHEITEN
Nach dem zweiten Weltkrieg war Palau UN-Treuhandgebiet unter der
Verwaltung der USA und Teil der Karolinen, wie Yap, Pohnpei,
Kosrae, Chuuk, Palikir, etc. Auf allen Inseln gab es Anfang der
neunziger Jahre eine Volksabstimmung über die politische Zukunft.
Alle stimmten für den Verbleib unter der Treuhänderschaft der USA
und wurden zu den „Förderativen Staaten von Micronesien“ in Freier
Association zu den USA. Einzig Palau entschied sich für
Unabhängigkeit und Eigenständigkeit. Seit 1994 ist Palau ein
souveräner Staat. Die Republik Palau ein noch sehr junger Staat. In
der Republik leben rund 20.000 Menschen. Allein zwei Drittel davon
in Koror, der alten Hauptstadt. Koror ist der einzige grössere Ort des
Inselstaates und wirtschaftliches Zentrum. Das Parlament beschloss
zur Staatsgründung im selben Jahr, das eine neue Hauptstadt bis zum
Jahr 2000 auf der grössten Insel Babeldaob gebaut werden sollte. In
Ngerulmud, im Bundesstaat Melekeok, 20 km nordöstlich von Koror
entfernt und nunerreichbar über die von Japan finanzierte „
Freundschaftsbrücke“.
Einzig…es fehlte das Geld für den Bau der neuen Hauptstadt.Bis
Taiwan für 2006 zwanzig Millionen Dollar zur Verfügung stellte. Palau
gliedert sich -trotz der geringen Bevölkerungsdichte- in sechzehn
Bundesstaaten. Jeder Bundesstaat hat seine eigene Verfassung und
Rechtssprechung.Eine Wertschätzung alter Stammesgebiete. Die
Chiefs dieser Gebiete sind gewählte Autoritäten. Der Präsident und
Vizepräsident werden getrennt auf vier Jahre gewählt. Es gibt keine
Parteien. Die wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA ist wohl auch
der Grund, das Palau die Volksrepublik China bis heute nicht
anerkennt. Es gibt keine diplomatischen Beziehungen. Diese nur zu
Taiwan und Hongkong / Macao und entsprechend viel
Wirtschaftshilfe aus Taipeh. Wie aber auch aus Japan. Eigene
Einnahmen erwirtschaftet Palau geringfügig aus dem Fischfang,
demObstanbau wie Bananen, Mangos, Papayas, dem Anbau von
Maniok und dem (Tauch)-tourismus. Der überwiegende Teil der
Inseln ist aufgrund von Korallenkalkböden landwirtschaftlich schlecht
nutzbar und Phosphat längst abgebaut. Fischer erzählten mir, das die
Einheimischen vorwiegend die schmackhaftesten Fische von der
Qualität her fangen und erst dann auf andere ausweichen für den
Weiterverkauf und der Fischfang generell mit kleinen Booten und
überwiegend zur Eigenversorgung durchgeführt wird.
So manche Restaurants und Geschäfte haben mittlerweile neben
amerikanischen auch asiatische Besitzer oder Führungspersonal.
Handwerker werden für spezielle Berufszweige vorwiegend von den
Philippinen oder aus Bangladesh aquiriert. Die philippinische
Managerin meiner Unterkunft war der festen Überzeugung, daß
Palau ohne die Einnahmen aus dem Tourismus nicht überlebensfähig
sei.
Wenn ich die Mainstreet von Koror verliess, sah ich schnell
herunterge-kommene Behausungen. Viele wohnten in Wellblech-
und Bretterverschlägen. Genauso „auf dem Land“ außerhalb von
Koror, wo man kaum Menschen begegnet. Idyllisch schien mir das
Leben vieler Menschen auf den nur elf bewohnten Inseln nicht
immer. Dafür beeindruckte umso mehr die üppige grüne
urwaldähnliche Natur abseits der Wege und Straßen auf dem Land
und das blaue Paradies im Wasser.
Palau hat mehr Riffgebiete als Landmasse und trotz vier
verschiedener Kolonialherrschaften in den vergangenen
Jahrhunderten, seit Magellan im Auftrag der spanischen Krone die
Inseln im 16. Jahrhundert für Europa entdeckte und trotz Deutscher
und Japanischer Kolonialzeit und ausdauernden, langanhaltenden
Kämpfen während des 2.Weltkrieges zwischen Japanern und
Amerikanern seine unglaubliche Natur erhalten und wie es scheint,
ist die Regierung in Ngerulmud auf Babeldaob auch bestrebt,diese
Natur weiterhin zu bewahren. Durch kontrollierten Besuches und
hohen Eintrittspreisen zu den Nationalparks und Tauchgebieten.
Dort in den unendlichen Schönheiten der Riffe des westlichen
Pazifiks,finden Taucher die“Clam City“wo Riesenmuscheln mit
halbgeöffneter Schale seit hundert Jahren am Meeresgrund
liegen,dort am Meeresgrund wo Korallen Jahr für Jahr wachsen, in
rot,gelb,blau oder grün und aussehen wie menschliche Gehirne.
Dieser Ort unter Wasser wird „Einsteins Garden“ genannt oder im
„Jelly Fish Lake“,wo inmitten von gelbroten Quallen Menschen
tauchen oder auch nur schwimmen.Inmitten von Quallen, die
wg.Fehlens natürlicher Feinde keine giftigen Tentakel mehr
haben.Gerade hier zeigt sich aber auch die Verletzlichkeit der
Natur.Durch Massen von Besuchern schien dieses Quallenbiotop
gestört und die Zahl der einzigartigen Quallen verringerte sich
dramatisch. Da geht der touristische Mensch des besonderen
Erlebnisses halber, bereitwillig gnaden- wie rücksichtslos vor. Erst ein
kompletter Stop von und eine spätere Kontrolle von Besuchern
führte zu einer Erholung der Population.
Ebenso in der Wunderwelt der Riffe liegt das „Big Drop Off“. Schon
für Jaques Costeau vor über 60 Jahren eines der besten Tauchgebiete
der Welt. Mittlerweile auch Ziel unzähliger Boote mit
Schnorchlern.Hier fällt der Fels an der Riffkante bis zu 400 m steil ab.
Auf der einen Seite der dunkle,kalte, unheimliche Ozean,mit seinen
Riesenfischen,daneben die bunte Welt der Korallen und
Kleinstfische.Hier liegen die Rock Islands.Inseln die wie grüne Pilze
aus dem Meer aufsteigen. Einmalig auf der Welt.Und wer nach Palau
kommt, kommt deswg.hierher. Für viel Geld. Hier will man tauchen
und dieses Unterwasserparadies erleben.Vom Leben der Menschen
auf Palau nimmt man kaum Notiz.Ist es nun Fluch oder Segen für
diese kleine Welt? Nur Überleben? Gilt dies für Mensch und Natur?
Gibt es die Möglichkeit?Immerhin haben die indigenen
Menschen,wie auch die Natur bisher Jahrhunderte Fremdherrschaft
von Spaniern, Deutschen, Japanern und US-Amerikanern überlebt.
Seit 2015 kommen pro Jahr etwas mehr als 100.000 -vorwiegend-
Tauchtouristen nach Palau. Überwiegend aus Asien und Amerika
Die Zahl der Europäer ist noch gering.Eine erhebliche
Einnahmequelle, aber auch eine erdrückende Zahl, bedenkt man, das
-wie erwähnt- gerade um die 20.000 Einheimische auf Palau leben.
Eine einmalige Einnahmequelle waren vor zehn Jahren 17 Uiguren
aus dem Gefangenenlager Guantanamo, die 2009 von Palau
aufgenommen wurden. Dafür gab es eine Menge US-Dollars, zeigt
aber auch die Nähe, die immer noch -trotz der Unabhängigkeit- in
Form einer „Gewissen Association“ zu den USA besteht. Die USA
garantieren Palau aussenpoltischen Schutz. Damals rückte Palau kurz
ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit. Aber nur kurz. Dann wurde aus
Palau wieder die unbekannten Inseln, die sich über das Meer uns aus
ihm heraus erheben.
Die Gegenwart. Die Hauptstadt und der Regierungssitz ist errichtet
worden und verspätet seit 2006 offiziell in Ngerulmud. Die kleinste
Hauptstadt der Welt (kleiner noch als der Vatikan) befindet sich auf
der grössten Insel des pazifischen Inselstaates Palaus, Babeldaob. Ob
ihrer Lage inmitten tropischer Landschaft und mächtiger
Regierungsgebäude scheint dies irgendwie surreal und eher wie ein
Märchen aus der Augsburger Puppenkiste. Mir erschließt sich nicht
der Sinn dessen. Aber ich bin auch kein Mensch der Inselrepublik.
Es sollen um die 250 Menschen in der Hauptstadt leben. Gesehen
habe ich keinen. Nicht einen einzigen Bewohner. Lediglich einen
Verkäufer in einem Kiosk unter Mangobäumen unweit des
Regierungsgebäudes. Ich schätze eher, das er nicht hier lebt, sonder
nur Waren verkauft, an zufällig vorbeikommende durstige Kehlen.
Denn es war extrem heiss und feucht in der Hauptstadt des Landes.
Deswg. wurden die Säulen des Parlamentsgebäude, wie des Exekutiv-
und Judikativgebäudes und vieles darüber hinaus aus Plastik erbaut.
Tropische Feuchtigkeit zerstört normales Mauerwerk sehr schnell,
selbst solchen Gigantismus nach amerikanischem Vorbild im
griechischem Stil. Plastik erschien den Erbauer als die bessere Wahl
und widersetzt sich besser dem Klima. Ansonsten ist Ngelmerud wohl
die leerste, grünste, sauberste, aber auch irrealste Hauptstadt der
Welt. Eine Hauptstadt ohne Menschen, dafür mit den meisten freien
Parkplätze vor einem Regierungsgebäude. Und dann sah ich doch
noch Menschen. Gärtner. Alle aus Bangladesh. Zur Pflege der
Aussenanlagen. Sie wohnten jedoch in Koror.
Obwohl es auf Palau keine Parteien gibt, gibt es durch den Rat der
traditionellen Führer, einen wichtigen Austausch zur
Meinungsbildung. Dieser Rat steht dem Präsidenten als Organ zur
Meinungsfindung zur Seite. In diesem Rat sitzen Vertreter aus allen
sechzehn Bundesstaaten Palaus. Die „Chiefs“. Die lokalen Vertreter
zum traditionellem Recht und der Brauchtumsberatung werden sich
irgendwann wieder hier versammeln und beraten. Unbeobachtet von
der Weltpolitik.
Zwei km weiter erreichten wir Melekeok. Ein Ort des gleichnamigen
Teilstaates auf Babeldaob. Hier trafen wir wieder auf den Pazifik, auf
kleine Strände, Palmen, tosenden Wellen am Aussenriff und jede
Menge Schwärme von kleinen Fischer im glitzernden Wasser. Ein
paar Häuser stehen am Wasder
und jede Menge Hunde bellen und knurren am Weg. Das Leid eines
jeden „Lonesome Travellers“. Im Rudel auftretend können diese Tiere
sehr unangenehm werden. Immerhin gab es hier auch ein paar
Menschen außerhalb der Häuser und ich sah den einzigen
Fahrradfahrer während meines Aufenthaltes und zufällig und
überraschend megalitische Skeinskulpturen datiert aus einer Zeit von
kurz vor Christus. Womöglich die verbliebenen Säulen des größten
Bais (zeremonieller Treffpunkt der indigenen Bevölkerung), der
jemals auf Palau existiert hatte. Sehenswert zudem sechs steinerne
Köpfe. Der größte 2,5 m hoch. Name: Odalmelech. Palau, die
Osterinsel Micronesiens?