Gerald Koror, Palau (Mikronesien) Teil 1 November / Dezember 2019

Gerald Koror, Palau (Mikronesien) Teil 1 November / Dezember 2019

So manche Märchen können sehr grausam sein. Gerade im
deutschen Kulturkreis sind die Märchen oft eine Fundgrube von
Greueltaten, von Grusel, Horror und grauenhaften Tötungen. So trug
es sich auch zu, während die Erde entstand. Da gab es nur das
werden und vergehen.Flüssiges Magma,Eruptionen,
Kontinentalverschiebungen und Erdbeben schufen das Leben,um es
gleich wieder zu vernichten. Riesige Kontinente konnten da besser
überleben und leben bilden,als winzige erdgeschichtliche
Zufallsprodukte. Palau ist so eine Winzigkeit.Ein junger, souveräner
Staat am westlichen Rand des Pazifiks, wie am ebensolchen
Mikronesiens. Nach 4 Std. Flug von Taipeh liegen 322 Perlen aus
grünem Amethist inmitten eines Wasserkontinentes. Angeblich 322
Inseln. Wer zählt schon nach? Palau. Mikronesien.Südsee. Dort
wurde Chuab geboren und schuf dieses Inselreich.
So die Sage. Oder doch die Wirklichkeit ?
CHUAB, DER RIESE
Vor lange, langer Zeit (noch länger zurück, als manche Menschen
glauben würden), bestand Palau lediglich aus zwei Inseln.Die eine
nannte man Peleliu, die andere Angaur.Damals,vor eben so langer
Zeit, gabar eine Frau von Angaur namens Latmikaik einen Jungen,den
sie Chuab nannte. Am Morgen nach Chuab’s Geburt, war
Latmikaik,seine Mutter erstaunt darüber, daß ihr Junge schon
krabbeln konnte.Und Tags darauf noch erstaunter , daß ihr Sohn
schon laufen konnte.Chuab wuchs viel schneller als andere Kinder
und verschlang regelrecht seine Mahlzeiten, die immer größer
wurden, je größer das Kind wurde.Bald war der Junge so gross,dass
sein Essen mit einer Bambusstange angehoben werden musste, um
es in seinen Mund zu schieben.Aber er hörte nicht auf zu wachsen
und so wurde ihm,aufgrund der Menge,sein eigenes Essen
zubereitet.
Im Laufe der Zeit wurde er nicht nur größer und grösser. Er hatte
auch immer mehr Hunger. Man sah ihn in Schweineställe eindringen,
wo er die Ferkel nahm und fraß und irgendwann verschwanden
kleine Kinder des Dorfes.Erst eins,dann zwei…dann immer mehr und
mehr. Die Dorfbewohner wurden immer besorgter und besorgter
über das Geschehen und so gingen sie gemeinsam und voller Wut zu
Latmikaik und fragten sie, wie es mit ihrem Sohn weiter gehen soll.
Die Mutter, nun sehr verzweifelt, ob der Entwicklung ihres Sohnes,
stimmte dem Drängen der Mitbewohner des Dorfes zu und erlaubte
ihnen, ihren Sohn zu töten, da es keinen anderen Ausweg gab.So
begannen die Menschen Feuerholz zu sammeln und stapelten dieses
in der Mitte des Dorfes. Chuab, der dies bemerkte, fragte seine
Mutter, was dies zu bedeuten hätte.
Tränenerfüllt erzählte Latmikaik ihrem Sohn,dass die Bewohner des
Dorfes ein ganz besonderes Essen nur für ihn zubereiten
würden.Nachdem genug Holz aufgeschichtet war,bat man Chuab,den
Riesen,sich in die Mitte des aufgeschichteten Feuerholz zu stellen,
um ihn zu Ehren.Ohne es zu merken, verteilten und schichteten
einige Dorfbewohner getrocknete Kokusnusblätter über das
vorhandene Holz. Chuab,der Riese war im nu eingehüllt in ein
Flammenmeer und starb den Feuertod,so wie die Menschen es
beabsichtigt hatten.Dabei jedoch veränderte sich sein Körper und
nahm die Gestalt einer Frau an,die wiederum die Inselwelt von Palau
gebar. Damals nannte man diese noch Belau. Aus dem Kopf wurde
Ngercherlong, aus dem Hals Chol, aus der Leiste Aimelliek.Der
Rücken verwandelte sich in Desbedall,der Magen in Keikuel.
Und zu guter letzt,aus den verbrannten Beinen und Füßen wurden
Koror,Malakai, Nkerkebedang und Ngerktal und aus dem Herzen
Babeldoab.
Als Chuab so da lag,bat seine Mutter die Dorfbewohner,ihn mit
Kokusmatten zu bedecken.Da es nicht genug Kokusmatten gab,nahm
man auch anderes Geäst.So besteht Belau,das heutige Palau,nicht
nur aus Kokuspalmen, sondern aus allen möglichen tropischen
Bäumen und Gehölzen und ist so grün, wie nur wenige Teile dieses
Planeten.
Warum ich diese Geschichte erzähle? Einige Ethnologen vermuten,
daß Palau (Belau) von den Philippinen aus besiedelt wurden. Andere
wiederum sprechen von einer Besiedlung aus Indonesien. Wiederum
andere erwähnen, daß die winzigen Inseln eine ureigene Bevölkerung
hervorgebracht haben. Deswegen diese Geschichte aus den
ureigenen Anfängen dieses Inselstaates.
Eine Geschichte und ein Reiseerlebnis zum 1. Dezember 2019
(1.Advent des Jahres)